Kolumne: Die Traumreise

Wie stellen Sie sich eine Traumreise, einen Traumurlaub vor? Einen einsamen Palmenstrand vielleicht? Aber wo gibt es den noch? Aktiv oder passiv? Rumliegen am Strand und ein gutes Buch lesen oder doch lieber Wandern in den Bergen? Das Nordkap sehen, obwohl es meist im Nebel liegt?


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Am Strand von Sharm el Sheik

© Text und Fotos: Andreas Zimmermann

Erst im Rückblick lässt sich mit Bestimmtheit sagen, ob die Reise oder die Ferien ein Traum waren. Erst dann, wenn sich die eigenen Vorstellungen und Erwartungen mit der Realität decken war es wirklich traumhaft. Im anderen Fall wird der Urlaub aber rasch zum Albtraum. Die Ombudsstellen können ein Lied davon singen. Das Hotel war eine Baustelle, der Strand eine Kloake und wenn das Essen nicht schmeckt ist eh nichts mehr zu retten. Bei Billigstangeboten in die Türkei ist meist ein kostenloser Ausflug nach Pamukkale inbegriffen. Wer auf diesem Ausflug nicht nein sagen kann und sich beim Besuch der Teppichmanufaktur ein massiv überteuertes Stück andrehen lässt, realisiert spätestens zu Hause, dass Geiz nicht wirklich geil ist.

Eine Reise der Fantasie

Aber eigentlich ist eine Traumreise eine Reise, welche nur im Kopf stattfindet, eine Reise in Gedanken, eine Reise durch die eigene Vorstellungskraft. Kinder sind Meister darin. Sie können komplett in eine Tätigkeit versinken und alles um sich herum vergessen. Oder eben auch Träumen, sogenannte Tagträume. Ich beherrschte diese Disziplin ebenfalls sehr gut. In einem Schulbericht der 4. Klasse vermerkte der Lehrer: "Andreas ist gedanklich häufig abwesend, inwieweit er innerlich dem Unterricht folgt ist schwer einschätzbar". In der Sekundarschule riss mich der Lehrer ab und zu aus meinen Gedanken mit den Worten: "Andreas bist du wieder am Träumen?" Dabei war ich doch gerade drauf und dran am Yukon den grossen Goldfund zu machen. Ja, damals hatte ich einfach andere Prioritäten als der Lehrer.

Irgend einmal wird aber auch der grösste Träumer erwachsen, muss liefern und leisten und so ist auch aus mir noch etwas Anständiges geworden.

Was man als Kind wie selbstverständlich beherrschte wird heutzutage mit professioneller Begleitung therapeutisch eingesetzt. Es ist eine Entspannungstechnik zum Beispiel zur Stressbewältigung, und diese Technik funktioniert ungefähr so:

Drei Phasen der Traumreise

  1. Die Vorbereitung
    Wir liegen auf dem Rücken, die Augen sind geschlossen. Wir konzentrieren uns auf unseren Körper, atmen tief ein und aus. Das Ganze wird unterstützt durch sphärische Musik und wohlriechende Öle. Wir entspannen uns.
  2. Die Geschichte
    Eine ruhige angenehme Stimme liest eine Geschichte vor. Es soll eine Geschichte sein, mit welcher wir uns identifizieren können, welche uns an Orte führt, wo wir uns wohl fühlen. Die Geschichte wird langsam vorgetragen. Stell dir dies und das vor ... Es müssen genügend Pausen zwischen den Sätzen gemacht werden, damit wir genug Zeit haben, unsere eigenen Bilder im Kopf entstehen zu lassen.
  3. Die Rückkehr
    Wir konzentrieren uns wieder auf unseren Körper, atmen tief ein und aus. Wir strecken und räkeln uns, bauen die Muskelspannung wieder auf.

Für eine solche Fantasiereise braucht es natürlich nicht unbedingt einen Therapeuten, viel einfacher und günstiger lässt sich dies mit der Partnerin/dem Partner realisieren, und mit etwas Übung schafft man es auch ganz alleine, allein durch die Kraft der eigenen Imagination. Man muss nur die verschütteten Fähigkeiten aus Kindheitstagen wieder aktivieren.

Letzthin habe ich es selber wieder einmal versucht. Es herrschten unerträgliche 35°C im Schatten, was nicht gerade meine Wohlfühltemperatur ist. Also reiste ich nach Ilullissat in Grönland. An Bord eines kleinen alten Fischkutters schipperte ich durch den Eisfjord Kangia und genoss einen Sonnenuntergang inmitten gigantischer Eisberge. Doch trotz all meiner Vorstellungskraft wollte und wollte sich einfach keine Abkühlung einstellen ...

Eisberge vor Ilullissat, Grönland