Zollgeschichten: Passport please!

Wer viel reist hat auch viel zu erzählen und besonders bei den Zoll- und Sicherheitskontrollen ereignen sich jeweils besondere Geschichten, zum Schmunzeln und zum Nachdenken.


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Flugplatz Reykjavik

© Text und Fotos: Andreas Zimmermann

Mit dem Rambomesser ins Flugzeug

Im Jahre 1982 kam der Actionfilm Rambo - First Blood in unsere Kinos und in der Folge wurden die sogenannten Überlebensmesser extrem populär. Für meine erste Reise nach Kanada und Alaska brauchte ich also auch so ein Teil. Dreihundertfünfzig Franken hat mich die Kopie des Originals gekostet, ein stolzer Preis damals. Ein Sattler aus dem Zeughaus Bern hat mir dazu eine passende Scheide aus Leder hergestellt. Ich war also gerüstet fürs Überleben in der Wildnis. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass das Messer kaum zu gebrauchen war, viel zu schwer und sperrig war es mit seiner Klingenlänge von 26cm. So kam es schlussendlich nur zum Holzspalten zum Einsatz.
Die Sicherheitsvorkehrungen auf Flugplätzen waren damals natürlich noch nicht so ausgebaut wie heute. Auf Inlandflügen gab es meist überhaupt keine Kontrollen. So reiste mein Messer häufig als Handgepäck mit.
Bei internationalen Flügen sah es natürlich etwas anders aus. Bei meinem Rückflug aus Vancouver habe ich irgendwie den Check-In verpasst und stand so vor dem Gepäckscanner am Gate. Irgendwie merkwürdig, dass das Gepäck vor dem Check-In gescannt wird dachte ich. Der Beamte am Bildschirm war gar nicht erfreut, was er da sah. "Das Messer können sie nicht mitnehmen, das ist viel zu gross", erklärte er. "Dieses Messer habe ich die letzten drei Monate in jedes Flugzeug mitgenommen" entgegnete ich, „wo liegt denn das Problem?“ Nach einigem hin und her realisierte ich, dass dies hier nicht der Check-In war, fragte nach dem Weg und konnte mein Gepäck problemlos aufgeben. Das Messer liegt, seither nie mehr benutzt, als Andenken in meinem Ausrüstungsschrank.

Zollabfertigung in Eagle, Alaska
Zollabfertigung in Eagle, Alaska

Süssigkeiten verboten!

Das Alter bringt es mit sich, dass in der Regel die Leistung des Gehörs abnimmt. Heute kann das natürlich auch die Jungen treffen. Schwerhörigkeit durch den intensiven Konsum von lauter Musik nennt man das. In dieser Geschichte betrifft es jedoch eine ältere Dame, mit welcher ich bekannt bin. Sie hat mich auf dem Jakobsweg in Spanien von O’Cebreiro bis nach Finisterra begleitet. Letzthin wollten wir Freunde in Santiago de Compostela besuchen und aus diesem Grund war ihr Handgepäck gefüllt mit Schokolade. Bei der Sicherheitskontrolle in Genf kamen also die üblichen Fragen: "Haben Sie den Koffer selber gepackt? Messer? Waffen? Sprengstoff? Flüssigkeiten?" Süssigkeiten, dachte sie, seit wann sind denn Süssigkeiten verboten. Was mach ich jetzt. Mit einer Unschuldsmine erklärte sie dem Beamten, dass sie nichts von allem dabei habe und konnte passieren. Das schlechte Gewissen sass allerdings tief. Sie hatte einen Koffer voll Schokolade durchgeschmuggelt. Niemand hatte sie bei der Buchung aufgeklärt, dass neuerdings Süssigkeiten verboten seien. Wir liessen sie zuerst ein wenig mit ihrem schlechten Gewissen zappeln, bis wir sie aufklärten und sagten, dass der Beamte Flüssigkeiten und nicht Süssigkeiten gesagt habe. Und was ist die Moral von der Geschichte? Kauf dir rechtzeitig ein Hörgerät, was besagte Dame nach Ende der Reise auch tatsächlich getan hat.

Was haben Sie zu verbergen?

Nach 9/11 wurden die Sicherheitsvorkerungen in den USA massiv verstärkt, so dass sich bei der Einreise jeweils lange Schlangen bei der Passkontrolle bilden. Der Grund meiner Reise war diesmal der Besuch eines Freundes, welcher in einem kleinen Indianerdorf am Yukon lebt, und welchen ich von meiner Kanutour vor einigen Jahren her kenne. Als ehrlicher Mensch habe ich also das grüne Einreiseformular wahrheitsgetreu ausgefüllt. Bei der „Adresse während des Aufenthaltes“ gab ich an: Wolf Hebel, 99768 Ruby AK. Der Beamte reicht mir das Formular zurück und sagte: "Da fehlen Strasse und Hausnummer". Ich entgegnete: „Ruby ist ein kleines Indianerdorf am Yukon, da gibt es keine Strassennamen und keine Hausnummern“. Er wieder: „Strasse und Hausnummer“. Also denke ich mir, der Wolf hat ja ein Postfach und schreibe also auf: P.O. Box .... "Solche Spässe mag ich nicht! Sie können mir doch nicht weismachen, dass jemand in einem Postfach lebt". Langsam fängt mich der Kerl an zu ärgern, was man mir wohl auch ansieht, auf jeden Fall setzte er nach und sagte: "Warum sind Sie so nervös, was haben Sie zu verbergen?" Bei dem was ich nun dachte, war das A-Wort noch das harmloseste. Doch ich musste versuchen so ruhig wie möglich zu bleiben, ich wollte ja nicht in Guantanamo enden. Glücklicherweise hat ein Vorgesetzter bemerkt, dass es an meinem Schalter nicht vorwärts ging. Er hat wohl gedacht, dass sein Kollege bei einem schwierigen Fall Verstärkung brauche. Dieser ältere Beamte war um einiges vernünftiger und hat mich problemlos passieren lassen. "Ehrlich währt am längsten" sagt ein Sprichwort. In diesem Fall wäre ich wohl mit einer Fantasieadresse wie Hilton Hotel, 1st Avenue, 99768 Ruby AK besser gefahren. Kein Mensch hätte sich wohl darum gekümmert ob dieses Hotel und diese Adresse wirklich existieren.

Ruby, Alaska
Ruby, Alaska

Picknick an der Grenzstation

Es war im Jahre 1990, als ich drei Monate lang auf einer archäologischen Ausgrabung in Jordanien tätig war. Am ersten August desselben Jahres hat Saddam Hussein Kuwait überfallen und die ganze Region in einen Ausnahmezustand versetzt. Nach Abschluss der Arbeiten haben die meisten ihre Flüge umgebucht und sind Hals über Kopf nach Hause abgereist. Wir waren zu viert, welche noch Urlaub eingeplant hatten. Und da in Jordanien ja kein Krieg herrschte, hatten wir auch keine Veranlassung uns auf den Heimweg zu machen.

In dieser Zeit war auch die erste Intifada, die Aufstände der Palästinenser gegen Israel am abflauen, so dass der einzige Grenzübergang von Jordanien nach Israel über die Allenby-Brücke geöffnet wurde. Warum also nicht Jerusalem besuchen? Wir machten uns mit dem Bus auf den Weg. Die Allenby-Brücke überspannt den Jordan, welcher wegen all der Wasserentnahmen Zwecks Bewässerung ein enttäuschendes kümmerliches Rinnsal war. Kurz darauf erreichten wir die Grenzstation. Wie alle anderen stellten wir uns in der Schlange an und warteten und warteten und schwitzten.

Nach einiger Zeit erschien ein Grenzbeamter, entdeckte uns und nahm uns mit. Für Touristen gab es einen separaten Eingang. Die Palästinenser liess man in der Hitze warten. Aber schnell kamen wir doch nicht durch den Zoll, denn wir hatten noch Lebensmittel dabei, was nicht erlaubt war. Also hiess es, alles abgeben oder aufessen. Wir haben uns für letzteres entschieden. Bewacht wurden wir von einer Soldatin in Kampfmontur. Sie hatte wehende schwarze Locken, knallrote Lippen, die Fingernägel waren knallrot lackiert und in ihren Händen hielt sie eine Maschinenpistole. Sie war vom Typ Lara Croft (Angelina Jolie) aus dem Film Tomb Raider. Hat sich Regisseur Simon West wohl auch auf dieser Grenzstation inspirieren lassen? Auf jeden Fall haben wir ihre Gesellschaft extrem genossen und uns fürs Picknick sehr ausgiebig Zeit genommen.

In vielen arabischen Ländern ist eine Einreise mit israelischem Stempel im Pass unmöglich, so auch in Jordanien. Wir erhielten also einen Zettel mit Stempel und Unterschrift in den Pass gelegt, welchen wir bei Ausreise wieder abgeben mussten. Physisch waren wir also in Israel, offiziell existierten wir aber gar nicht.